Die Hunde der borealen Regionen 1
Der Eskimohund und seine Abkömmlinge.
Wie jede der zuvor genannten Gruppen hat auch diese ihre eigene Form. Man begegnet ihr beim Hund der Eskimos. Man findet sie in Sibirien, in der Tartarei, auf Kamtschatka, in Grönland, in Kanada, in Island, in Lappland, in Pommern. Letzterer, mit dem Beinamen Loulou, steht uns näher – wir besitzen eine bemerkenswerte Varietät davon im Elsass, das ihr den Namen verleiht (Le loulou d‘ Alsace). Man findet sie besonders in großen Städten und in bevölkerungsreichen Ortschaften, wo sie eine besondere Aufgabe erfüllen.
All diese Hunde haben eine charakteristische Erscheinung: das Haar ist gerade, steif und seidig; die Schnauze sehr spitz; der Kopf verlängert; die Ohren aufrecht und steif, obwohl lang; der Schwanz pinselartig wie der des Fuchses, buschig und stark über den Rücken gebogen, beinahe eine vollständige Schleife bildend.
Der sibirische Hund hat seine Vertreter in Europa im pommerischen Hund und im Elsässer Loulou, der von jenem abstammt. Heute ist er bei uns weit weniger verbreitet, als er es einst war. Er war der Wachhund der kaiserlichen Postkutschen, der Diligencen 2 oder der Transportwagen. Man erinnert sich noch, mit welch lärmender Wachsamkeit er diese in Abwesenheit des Kutschers oder Fuhrmanns verteidigte. Immer aufrecht, aufmerksam und angriffslustig, stellte er sich stolz an die Front und an die höchste Stelle des Gefährts; dort fühlte er sich zuhause, wohl; es gefiel ihm dort besser als irgendwo sonst.
In England wird er sehr geschätzt, man züchtet ihn dort mit gewisser Vorliebe, und infolgedessen sieht man dort sehr hübsche Exemplare. Auch in Holland gibt es viele von ihnen, auf den Booten, die die Kanäle befahren. Dort übt er denselben Überwachungsinstinkt aus wie bei uns. Seine Bestimmung ist überall dieselbe. Heute sieht man ihn bei allen Fuhrleuten, deren Fracht er während der notwendigen Abwesenheiten der Angestellten oder der für den Frachtverkehr zuständigen Boten großer privater Einrichtungen bewacht oder verteidigt.

Die französischen Originaltexte


Über den Autor
Eugène Gayot (1808–1891) war ein französischer Tierarzt, Hippologe und Autor, der sich vor allem mit der Zucht, Haltung und Beschreibung von Haustieren – insbesondere Pferden und Hunden – beschäftigte. Er wirkte im 19. Jahrhundert als Direktor der École nationale vétérinaire d’Alfort bei Paris, einer der bedeutendsten tierärztlichen Ausbildungsstätten Frankreichs. Gayot war maßgeblich an der Entwicklung der tiermedizinischen Ausbildung beteiligt und engagierte sich für eine systematische Klassifikation von Haustierarten. Sein Hauptaugenmerk galt der Pferdezucht, wobei er die französische Kavallerie und landwirtschaftliche Zuchtprogramme beriet. Neben Pferden beschrieb er auch andere Haustiere wie Hunde, darunter auch Rassen mit funktionaler Verwendung, etwa Wach- oder Gebrauchshunde. Seine Arbeiten, darunter das umfangreiche Werk „Zootechnie„, fanden sowohl in Frankreich als auch im Ausland Beachtung. Gayot starb 1891 und hinterließ ein bedeutendes Werk zur Tierzucht und Tierklassifikation im 19. Jahrhundert.
Quellenangaben:
Le Chien – histoire naturelle, races d’utilité et d’agrément–reproduction–éducation–hygiène–maladies–législation. Paris 1867
Autor: Gayot Eugène (1808-1891)
- Zu den boreale Zonen gehören: Kanada, Alaska, Skandinavien und Russland (Sibirien) ↩︎
- Diligencen: mehrspännige, geschlossene Postkutsche für Fernreisen und den Personenverkehr genutzt ↩︎
