Sebastian Kneipp und sein Spitz

Sebastian Kneipp (1821-1897) war kein approbierter Arzt, er war ein Hydrotherapeut und Naturheiler, der ein ganzheitliches Gesundheitskonzept entwickelte. Sein erstes Buch „Meine Wasser-Kur“ wurde schlagartig zum Bestseller, der in 14 Sprachen übersetzt wurde.

aus "Meine Wasserkur" von Sebastian Kneipp 1894: Illustration von Kindern im Wasser spielend, ein Spitz
aus „Meine Wasserkur“ von Sebastian Kneipp 1894

Sebastian Kneipp galt als bedeutender Wohltäter für das damals noch kleine Bauerndorf Bad Wörishofen. Bereits im Jahr 1889 suchten rund 5.000 Menschen 1 den Ort auf, um Heilung oder Linderung zu finden. Um den wachsenden Zustrom zu bewältigen, ließ Kneipp ein Priesterkurhaus errichten, das spätere „Sebastianeum“. Der Andrang hielt unvermindert an, und zur besseren Erreichbarkeit wurde von Türkheim aus eine Eisenbahnlinie gebaut – die erste elektrifizierte Strecke in Bayern.

Kneipp verfolgte das Ziel, seine naturheilkundlichen Erkenntnisse weit über die Grenzen des Allgäus hinaus bekannt zu machen. Im Jahr 1892 unternahm er eine mehrwöchige Vortragsreise durch Deutschland, die Schweiz, Österreich, Ungarn und Frankreich. Dabei zeigte er wenig Interesse an Sehenswürdigkeiten oder kulturellen Höhepunkten; sein Fokus galt ausschließlich den Kranken, denen er helfen wollte.

Nach zeitgenössischen Berichten soll Kneipp auf diesen Reisen von einem kleinen, weißen Spitz begleitet worden sein. Dieses Tier, vermutlich ein Deutscher Spitz, galt damals als beliebter Haus- und Begleithund, geschätzt für seine Wachsamkeit, Treue und lebhafte Natur. Der Spitz soll Kneipp nicht nur als treuer Gefährte gedient, sondern ihm auch in den oft anstrengenden Reiseetappen Gesellschaft geleistet haben. Ob es sich dabei um eine historische Tatsache oder um eine liebevoll gepflegte Anekdote handelt, lässt sich heute nicht mit Sicherheit belegen. Dennoch hat sich die Geschichte vom „Kneipp-Spitz“ fest in der lokalen Überlieferung erhalten und trägt bis heute zum lebendigen Bild des berühmten Wasserdoktors bei.

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Sebastian Kneip (mitte) und Dr. Alfred Baumgarten (links) davon und die Mitbegründer des Kneipp-Ärztebundes 1894

Ab 1880 sah man Pfarrer Kneipp fast immer mit dem weißen Spitz an seiner Seite. Der treue Hund begleitete ihn überall hin. Sogar auf dem berühmten Foto bei der Gründung des Kneipp-Ärztebundes im Jahr 1894 (oben) nimmt der Spitz einen prominenten Platz ein. Der Hund steht in der Mitte des Bildes und blickt aufmerksam in die Kamera, dahinter sitzen Pfarrer Kneipp und Dr. Alfred Baumgarten, umgeben von Ärzten. „Dem Herrle sei Spitzle“, wie die Einheimischen sagten, war in Wörishofen ortsbekannt. Sogar ins Arbeitszimmer, in die Sakristei und den Beichtstuhl begleitete der weiße Hund den Pfarrer. Ein damaliger Kneipp-Biograf geht auf das Verhältnis von Herrn und Hund ein und kommt zur Feststellung, dass es zwei Hunde gab: Spitz eins und Spitz zwei.

Aus dem Buch: Buch: Sebastian Kneipp. Biografie von Dr. Alfred Baumgarten, Berlin, 1898, Abbildung Spitz
Mit freundlicher Genehmigung: Susanne Leinauer-Geraci Kneipp-Museum Bad Wörishofen

Mit dem Spitz suchten die Kurgäste Freundschaft zu schliessen. Ja, der Spitz! Den hätte ich beinahe ganz vergessen; ohne ihn sah man eigentlich unsern alten Herrn nie.
Dieser Spitz war ein ganz charakteristisches Tier und ausserordentlich klug. Er begleitete seinen Herra auf Schritt und Tritt und durfte ausnahmsweise mit demselben auch in die Sakristei des Klosters gehen. Wenn dann sein Herr zum Dienste ging, fiel es dem Spitz gar nicht ein, auch nur einen Schritt weiter, als die Grenzen seines Gebietes waren, zu wagen; er blieb ruhig dort, wohin er gehörte, und rührte sich nicht. Er wusste ganz genau, wenn es Zeit war, zu der einen oder anderen Verrichtung zu gehen, und zur Nachtzeit schlief er im Zimmer seines Herrn. Da musste er dann entweder einen Strumpf, oder das „Käpple“, oder sonst ein Kleidungsstück seines Herrn haben, sonst war er nicht ruhig. Als Hund war Spitz ein schönes Exemplar, aber entsetzlich gewaltthätig und hochmütig. Entweder er strafte die ihm entgegenkommenden Hundekollegen mit zinfacher, nobler Verachtung, oder aber er stürzte sich wutentbrannt auf den Gegner und ruhte nicht, bis er ihn an Boden hatte; dann konnte sein guter Herr pfeifen und rufen, wie er wollte, die Gewaltthätigkeit dieses Spitz kannte keine Grenzen. Ebenso bescheiden wie sein Herr, so un-bescheiden war auch sein Spitz. Gewaltthätig wie er im Leben war, beschloss Spitz es auch im Kampfe um seine Ehre; denn mit durchbissener Gurgel schleppte er sich cines Morgens in die Sakristei zu seinem Herrn hin und verendete nach einigen Minuten.
Als dieser erste Spitz sein thatenreiches Leben beendet hatte, wurde sogleich durch einzelne Kurgäste ein anderer aus demselben Geschlechte besorgt; und dieser trauerte beim Tode seines Herrn, wie man das selten bel einem Hunde findet. Mir hat Kneipp ihn vererbt, und ich halte ihn auch heute noch als Andenken von meinem seligen Herrn in Ehren und werde ihm das Gnadenbrot geben bis ans Ende seiner Tage.
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Quellenangaben:

  1. https://www.katholisch.de/artikel/440-in-der-hauptstadt-des-wassers ↩︎
  2. Buch: Sebastian Kneipp. Biografie von Dr. Alfred Baumgarten, Berlin, 1898 ↩︎



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