Constantin Brâncuși und seine treue Hündin Polaire

Der Bildhauer und sein Polarhund

Der rumänische Bildhauer Constantin Brâncuși (1876–1957) gilt als einer der bedeutendsten Künstler der Moderne. Nachdem er 1904 nach Paris auswanderte, entwickelte er dort seinen einzigartigen Stil, der durch klare Linien, Reduktion auf das Wesentliche und spirituelle Symbolkraft geprägt war. Doch neben Marmor, Bronze und Holz spielte in seinem Leben ein anderes Wesen eine Hauptrolle: die weiße Polarhündin Polaire.

Selbstportrait im Atelier ca. 1921
Brâncuși und Polaire ca. 1925

Die Ankunft von Polaire – Liebe auf den ersten Blick

Im Jahr 1921 zog die Hündin Polaire bei Brâncuși ein. Ihr Name, abgeleitet von l’étoile polaire („Nordstern“), war sinnbildlich – sie wurde zum leuchtenden Mittelpunkt seines Lebens. Brâncuși nannte sie liebevoll seinen „Augenstern“, und tatsächlich war sie stets an seiner Seite: im Atelier, in Pariser Cafés oder sogar im Kino. Zeitgenössische Freunde beschrieben die beiden als unzertrennliches Paar – eine Art frühmoderne „Influencer-Duo“ der Kunstszene von Montparnasse.

Polaire als Muse – Inspiration für die moderne Skulptur

Polaire war weit mehr als nur ein Haustier. Sie wurde Brâncușis Muse und Symbol seiner künstlerischen Ideale. Ihre Anmut und Treue inspirierten Werke wie die Skulptur Chien de garde („Wachhund“, ca. 1924), in der Brâncuși Loyalität und Schutz als ästhetische Prinzipien verewigte. Kunsthistoriker wie John Golding (Visions of the Modern, 1994) und Sidney Geist (Brancusi: A Study of the Sculpture, 1968) betonen, dass Polaire in seinem Werk als Sinnbild für Reinheit, Instinkt und emotionale Authentizität gilt – zentrale Themen seiner Kunst.

Polaire nahm Essen von niemandem außer von ihm an und bedrohte weibliche Besucher des Ateliers. Sie wurde auf ihre Weise zu einer gefeierten Pariser Schönheit und sogar Freunde fragten in ihren Briefen nach ihr. 1

Bei einer Fahrt nach New York
An Board nach New York

Tragisches Ende – Brâncuși verliert seine Gefährtin

Im Jahr 1925 ereignete sich eine Tragödie: Polaire wurde bei einem Autounfall tödlich verletzt. Brâncuși begrub sie auf dem berühmten Cimetière des Chiens in Asnières-sur-Seine bei Paris – einem der ältesten Tierfriedhöfe Europas. Ihr Grab existiert dort noch heute und wird von Kunstliebhabern besucht, die die tiefe Bindung zwischen Künstler und Tier würdigen. Nach ihrem Tod zog sich Brâncuși zunehmend zurück und blieb fortan allein.

Nach Polaires Tod richtete sich Brâncușis künstlerischer Fokus stärker auf Tierdarstellungen. Inspiriert von seiner abgenutzten Ausgabe der Fabeln von Jean de La Fontaine, schuf er Werke, die tierische Formen mit menschlicher Symbolik verbanden. Diese späten Skulpturen spiegeln nicht nur seine Liebe zu Tieren, sondern auch seine Suche nach der reinen Essenz des Lebens wider.

Brancusi am Fuße der Endlosen Säule in Voulangis mit „Stoor“ (Edward Steichens Hund) 1926

Das letzte Bild zeigt Brâncuși und „Stoor„, der Hund des Fotografen Edward Steichen. Steichen war gebürtiger Luxemburger, der als Fotograf und Lithograf arbeitete. Brâncuși und Steichen lernten sich 1907 in Auguste Rodins Atelier kennen und blieben lebenslang enge Freunde. Ihre Freundschaft führte dazu, dass Brâncuși 1920 eine spezielle, vierundzwanzig Meter hohe Version seiner Skulptur „Säule der Unendlichkeit“ für Steichens Villa in der Nähe von Paris schuf. 2

Constantin Brâncuși ca. 1922 (Foto Edward Steichen)

Constantin Brâncuși

Constantin Brâncuși (1876–1957) gilt als einer der bedeutendsten Bildhauer der Moderne und als Wegbereiter der abstrakten Kunst. Geboren im rumänischen Dorf Hobița, entdeckte er schon früh seine Leidenschaft für das Schnitzen und entwickelte später in Paris seinen unverwechselbaren Stil. Nach Studien in Craiova und Bukarest zog Brâncuși 1904 in die französische Hauptstadt, wo er sich bewusst von seinem Vorbild Auguste Rodin abgrenzte, um eine neue, eigenständige Bildsprache zu schaffen. Seine Werke zeichnen sich durch eine radikale Reduktion der Form, klare Linien und eine harmonische Verbindung von Material und Idee aus. Besonders bekannt sind Skulpturen wie Der Kuss, Schlafende Muse, Vogel im Raum und das monumentale Ensemble von Târgu Jiu mit der Endlosen Säule. Brâncuși verband Einflüsse der rumänischen Volkskunst mit der Ästhetik der Avantgarde und schuf so zeitlose Symbole für Bewegung, Spiritualität und das Streben nach dem Wesentlichen. Sein Werk steht für die Abkehr vom Naturalismus hin zur Essenz der Form – ein Prinzip, das die moderne Skulptur revolutionierte. Heute gilt Brâncuși als internationaler Klassiker, dessen Einfluss bis in die zeitgenössische Kunst und Designästhetik reicht. Sein rekonstruierter Pariser Atelierraum ist im Centre Pompidou zu besichtigen und zieht Kunstliebhaber aus aller Welt an. Mit seiner Verbindung von Einfachheit, Symbolkraft und Perfektion bleibt Brâncuși eine zentrale Figur der Kunstgeschichte und ein bleibendes Symbol für kreative Reinheit.

Anmerkung:

In manchen Quellen wird Polaire als Samojede bezeichnet. Fest steht, das der Samojede erst 1913 von der FCI als Rasse anerkannt wurde. Natürlich existierte die Züchtung vorher schon. Das Aussehen von Polaire ähnelt durchaus stark den frühen Samojeden-Typ, da eine Mähne/Krause kaum zu erkennen ist. Körperbau und deutliche Mimik auf den Bildern wirken dafür wie die vom Deutschen Spitz.
Es ist zudem zu erwähnen, dass nach Ende des ersten Weltkriegs (1914-1918) die Bezeichnung „Deutscher Spitz“ unerwünscht und verpönt war, besonders im Ausland. Beispielsweise ging man soweit, dass der „Deutsche Spitz“ ca. 1917 zum „American Eskimo Dog“ im American Kennel Club umgeschrieben wurde. 3


Quellenangaben:

https://www.artsy.net/

https://www.ez-blitz.com

https://de.wikipedia.org/wiki/Constantin_Br%C3%A2ncu%C8%99i

https://artdogs.substack.com/p/constantin-brancusi

https://hoolawhoop.blogspot.com/2011/10/brancusi.html

  1. John Golding, Vision of the Modern, 1994 ↩︎
  2. The MET MUSEUM, „Endless Column“ Edward J. Steichen, ca. 1922 ↩︎
  3. https://www.akc.org/dog-breeds/american-eskimo-dog/ ↩︎



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