Der Spitz als Zeichen des politischen Aufstands

Oder: Wie der Keeshond zu seinem Namen kam

Cornelis de Gijselaar war Jurist, zweiter Pensionär von Gorinchem und später zweiter Pensionär von Dordrecht. Er vertrat Dordrecht in den Staaten von Holland. Kurz nach seinem Amtsantritt in Dordrecht galt er als erster Pensionär. Er war ein prominenter Patriot und Anti-Engländer. Er leitete die Untersuchung des dramatischen Verlaufs des Vierten Englisch-Niederländischen Krieges (1780–1784) und kritisierte die Politik des Statthalters Prinz Wilhelm V. (1748–1806) scharf. Er provozierte die Orangisten, indem er am 17. März 1786 zusammen mit Dordrechts Bürgermeister Ocker Gevaerts in der Dordrechter Kutsche durch das Statthaltertor am Binnenhof fuhr. Dies war ein ungeschriebenes Privileg des Statthalters.

De Gijselaar leistete sich eine Reihe solcher Aufstände und stach damit in den Augen seiner Landsleute aus der Masse der Regenten hervor, was auch die Broschüre „Nieuwe Hollandsche hand-vertooningen“ (Neue niederländische Hand-Ausstellungen) belegt, in der er als „Dordsche Kees“ bezeichnet wird.
Im Laufe der Zeit und nach einer Reihe von Witzen über Hunde in der Presse wurde De Gijselaars Spitzname zum Spitznamen aller Patrioten: Kees! Cornelis de Gijselaar war der Mann, der den Patrioten zu dem Spitznamen „kezen“ (Kezen) verhalf. Noch 1805 wurde er mit „Du Ältester von allen Keesen“ angesprochen. Denn er hatte einen treuen Begleiter an seiner Seite: einen mittelgroßen Spitz. Dieser Hund, der „KeesHond“ genannt wurde, war mehr als nur ein Haustier. Er entwickelte sich zum lebendigen Symbol der holländischen Patriottenbewegung und spielte eine ungewöhnliche Rolle in der turbulenten Geschichte der Niederlande.1

Um diese bemerkenswerte Geschichte zu verstehen, müssen wir zurück in das Jahr 1751 reisen. In diesem Jahr starb der Statthalter der Niederlande, und sein erst dreijähriger Sohn Wilhelm V. von Oranien-Nassau trat sein Amt an.2 Seine Herrschaft war von Anfang an umstritten. Als er selbst nach seiner Volljährigkeit die Staatsgeschäfte einem ungeliebten Herzog überließ, brodelte es im Volk.3
Es war die Geburtsstunde einer oppositionellen Bewegung, die sich von den traditionellen „Orangisten“ abwandte und als „Patriottenbewegung“ bekannt wurde.4

Die politische Aussage der Gravierung auf dem Kelch stellt den Kees dar, der sein Bein aus Verachtung für die „Orangisten“ hebt, die durch den Orangenbaum repräsentiert werden:

Gravierung auf Kelch stellt den Hund "Kees" dar, der sein Bein am Orangenbaum hebt. Foto aus dem Museum Boijmans van Beuningen in Rotterdam
Foto aus dem Museum Boijmans van Beuningen in Rotterdam
Portrait von Cornelis de Gijselaar
Portrait von Cornelis de Gijselaar

Ein prominenter Anführer dieser Rebellion war der Politiker Cornelis de Gijselaar, auch bekannt unter seinem Spitznamen „Kees„. Als leidenschaftlicher Advokat und charismatischer Redner wurde er zum Kopf der Patrioten. Und an seiner Seite war immer sein treuer Hund.

Der Spitzname „Keesen“ oder „Kezen“ für die Anhänger der Patriottenbewegung leitete sich direkt von Cornelis de Gijselaar ab.5 Da sein Hund als Symbol für die Bewegung galt, übernahm die Hunderasse den Namen der Revolutionäre. Bis heute wird dieser Hundetyp als Keeshond bezeichnet und ist damit ein lebendes Stück niederländischer Geschichte. Der Keeshond wurde zum Symbol des Volkes, das nach Freiheit und Unabhängigkeit strebte.6

Silbernadel von einem Keeshond (1784-1787)
Silbernadel von einem Keeshond (1784-1787)
Keeshond aus Papier, ca. 1787 (Rijks Museum)
Keeshond aus Papier, ca. 1787 (Rijks Museum)

Das Treuezeichen der Patrioten war der „Keeshond“ in Form einer versilberten Anstecknadel. Das Gegenstück dieser Gruppierung war „The House of Orange“, mit einem orangefarbenen (gelbbraunen) Mops.

Der Mops hatte eine besondere Verbindung zum Haus Oranien. Ein Rassevertreter namens „Pompey“ rettete dem Prinzen Willem von Oranje zu Hermigny das Leben, indem er seinen Herrn rechtzeitig weckte und dieser sich dadurch vor dem geplanten Mordanschlag in Sicherheit bringen konnte. Um ca. 1740 wurde angeblich in Frankreich sogar ein Mops-Orden gegründet, welcher seine Fans in den Niederlanden bis nach Deutschland (Bayreuth) finden sollte.7

„Patrioten“ und „Orangisten“ waren gegnerische politische Strömungen in der Republik der Vereinigten Niederlande während der Patriottentijd (1781–1787). 

Die Patrioten waren eine republikanisch-demokratische Bewegung, die das Ende der Macht des Stadthalters Willem V. von Oranien-Nassau forderte und für mehr Volksbeteiligung eintrat. Die Orangisten waren die Anhänger des Stadthalters und der bestehenden Ordnung, die an der Macht des Hauses Oranien festhalten wollten. Sie verspotten einander offen in Flugschriften und -blättern. Willem V. und seine Frau Wilhelmine von Preussen wurden beispielsweise zusammen mit ihren Kindern als Schweine dargestellt, die die Rechte des holländischen Volkes mit Füßen traten und zerrissen. Der Prinzgemahl und dessen Anhänger – als „Prinsgezinden“ bezeichnet – wurden von den Aufständischen als „Küken“ und „Narren“ bezeichnet und dargestellt.

Karikatur patriotischer Professoren, 1787 Druck mit Faltstreifen, die, wenn sie umgeklappt werden, den Professor als bewaffneten Freikorpsmann in einen bewaffneten Keeshond verwandeln. Foto: P. Sluisman, Edam.
Karikatur patriotischer Professoren, 1787 Druck mit Faltstreifen, die, wenn sie umgeklappt werden, den Professor als bewaffneten Freikorpsmann in einen bewaffneten Keeshond verwandeln. Foto: P. Sluisman, Edam.

Die Rebellion von Cornelis de Gijselaar und den Patriotten fand 1787 ein abruptes Ende. Nachdem Wilhelmina von Preußen bei Goejanverwellesluis aufgehalten worden war, griff Preußen militärisch ein und stellte die Macht der Oranier wieder her. De Gijselaar verlor sein Amt, floh ins Exil nach Brüssel und blieb dort fast zehn Jahre. Obwohl die Patriotten später erneut Einfluss gewannen, zog er sich dauerhaft aus der Politik zurück.

Kees  Patriottentijd Cornelis de Gijselaar
Allegorie der Geduld der Patrioten nach 1787

Quellen:

  • https://historischschouwspel.nl
  • https://www.rijksmuseum.nl
  • https://historischschouwspel.nl https://onh.nl
  • https://de.wikipedia.org
  1. Keeshond Club of America, „History of the Keeshond“; Dutch Patriotten Movement – verschiedene historische Abhandlungen ↩︎
  2. Wikipedia, „William V, Prince of Orange“ ↩︎
  3. Jonathan Israel, „The Dutch Republic: Its Rise, Greatness, and Fall, 1477-1806“ ↩︎
  4. Gijs van der Ham, „Het Vaderlandsch gevoel: De Nederlandse identiteit in de achttiende eeuw“ ↩︎
  5. Simon Schama, „Patriots and Liberators: Revolution in the Netherlands 1780-1813“ ↩︎
  6. Dr. R.E. Kuntz, „The Keeshond: A Living Symbol of Freedom“ ↩︎
  7. Karl R. H. Frick: Licht und Finsternis. Gnostisch-theosophische und freimaurerisch-okkulte Geheimgesellschaften bis zur Wende des 20. Jahrhunderts, Band 2; Marix Verlag, Wiesbaden 2005 ↩︎



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