Die Fliegenden Blätter
Der 7. November 1844 markiert den Beginn einer bemerkenswerten Publikation in München: die „Fliegenden Blätter“.
Herausgegeben von dem Xylographen Kasper Braun und dem Verleger Friedrich Schneider, entwickelten sich diese humoristisch-satirischen Hefte zu einem wichtigen Spiegel ihrer Zeit. Anfangs erschienen sie in unregelmäßigen Abständen, doch schon bald etablierte sich eine wöchentliche Erscheinungsweise, die bis ins Jahr 1944 beibehalten wurde. Bemerkenswert ist die enge Verbindung von Text und Bild: Jeder abgeschlossene Band umfasste 26 Hefte mit insgesamt über 500 Holzschnitten, die auf Originalzeichnungen basierten. Diese Kombination aus Humor, Satire und Illustrationen macht die „Fliegenden Blätter“ zu einem faszinierenden Zeugnis der populären Kultur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Der folgende Beitrag beschäftigt sich auf humorvolle Art mit den Berufungen ausgewählter Hunderassen, natürlich auch mit dem Spitz, im Falle einer Wiedergeburt (Seelenwanderungsfrage):
1. Der Pudel (Canis domestico-servilis).
Der Pudel ist ein folgsam Thier,
Ihm fehlt nur das Schreiben und Lesen,
Vor seiner Seelenwanderung schier
Ist er Bedienter gewesen.
2. Der Spitz (Canis polizi-spionicus).
Des Spitzes Geruch ist wunderbar,
Auch hat er gar feine Ohren,
Man sollte glauben, daß er war
Als Mensch zum „Spietzel“ geboren.

3. Der Windhund (Canis perardens).
Der Windhund läuft mit Sturmesgewalt
Und läßt sich nicht leicht fassen,
Vielleicht hat er’s in Menschengestalt
Gelernt als Verwalter von Kassen.
4. Der Bullenbeißer (Canis criticus).
Der Bullenbeißer ist bissig sehr,
Kann nie gesättigt werden,
D’rum scheint’s, daß er als Kritiker
Zuvor gelebt auf Erden.

5. Der Jagdhund (Canis Knuto-barbaricus).
Die Hunde, die geschickt dressirt
Das edle Wild zu packen,
Leicht möglich, daß sie einst servirt
In Polen als Kosacken.
6. Das Pintscherl (Canis aristocratico-familiaris).
Das Seidenpintscherl lebt sehr fein,
Es fährt spazieren gar,
Vielleicht, daß es vor Zeiten ein
Theaterschoßhund war.
7. Der arbeitende Hund (Canis vulgaris).
Dem Hund, der Lasten zu ziehen hat
Geht’s traurig, offenbar;
Ob er in einer großer Stadt
Nicht Proletarier war?
8. Der herrenlose Hund (Canis schinderianus).
Der arme Hund, der herrnlos streicht
Herum bei Tag und Nacht,
War ein verwahrlost Kind vielleicht,
Per Schub cinst fortgebracht!
Quellenangabe:
Uni Heidelberg digital: „Die Fliegenden Blätter“ Nr 1127, erschienen 1867