Das deutsche Bundesland Württemberg wird als ursprüngliches Zuchtgebiet des schwarzen Zwergpitzes oder auch auch Mannheimer Spitz angesehen. 1 2 Beim sogenannten Weinbergspitz, wird von einem mittelgroßen schwarzen Spitz ausgegangen, diesen wird nachgesagt, sie seien schärfer und schwerer in der Erziehung 3 (vielleicht weil eigenständiger) als weiße oder graue. Das macht sie zu vortrefflichen Wachhunden. Ob die Zucht der Mannheimer Spitze in einer Verbindung mit den Weinbergspitzen steht ist leider nicht bekannt, einzig die Region und Farbe haben sie gemeinsam. Der große schwarze Weinbergspitz könnte also ein Schlag der Mannheimer Spitze sein, genauso könnte er auch durch Weinhändler (z. B. aus Italien) importiert worden sein.
Wingertswächter & Wingertshut
Im späten Mittelalter war Rebland nach der Wingertsbesichtigung (Kontrolle der Weinberge) oft unter „Herbstbann“ gestellt – damit durfte keiner mehr das Gebiet betreten. Es wurde durch Wingertsschützen (vereidigte Wächter) gegen Traubendiebstahl, Wild, Vögel, etc. geschützt. Die Wächter waren meist selbst Winzer aus dem Ort, nicht selten bewaffnet, und wurden dienstlich entlohnt oder arbeiteten unentgeltlich. 4
Der schwarze Großspitz, insbesondere in Württemberg, als „Weinbergspitz“ bekannt – wurde von schwäbischen Weinbauern zum Bewachen des Wingert (Weingut) eingesetzt: Er vertrieb tagsüber Vögel und anderes Getier, nachts diente er als unsichtbarer Wächter gegen Traubendiebe (gut getarnt durch sein dunkles Fell). Diese Tradition reicht mindestens bis ins frühe/mittlere 20. Jahrhundert zurück – hierfür steht als Zeitzeuge das Relief am Urbandenkmal Stuttgart.

Der schwarze Spitz gewann im 19. Jahrhundert an Bedeutung – insbesondere bei Winzern und Landwirten, die seine wachsamen Eigenschaften schätzten. Zugleich etablierte sich die Spitz-Zucht systematisch: 1899 formierte sich der erste deutsche Rasseverein mit eigenen Standards und Ausstellungen:
1879 bei der „Internationalen Ausstellung von Hunden aller Racen„, veranstaltet vom Verein zur Veredelung der Hunde-Racen in Hannover, wurden zwei schwarze Spitze ausgestellt: „Spitzer“ gewann 2. Preis und stammte aus Leonberg, „Joly“ kam aus Köln. Auch bei der Ausstellung im 1880 auf dem Johannisberge in Elberfeld (bei Wuppertal) erhielten zwei schwarze Spitze eine Auszeichnung: „Mohrle“ aus Stuttgart und „Mohrle“ aus Leonberg.
Ein ehemaliger Zeitzeuge vom Weinbergspitz:
Das Urbandenkmal in Stuttgart
„Stuttgart teilt das Los aller großen Städte: die mächtig wachsende Ausdehnung erhöht den Reiz der Umgebung nicht; langsam, aber stetig schwillt das Häusermeer an den Höhen entlang; die in der Abendsonne oft so wundervoll erstrahlenden, violett schimmernden Rebenhügel schmelzen zusammen und mit ihnen verschwindet verschwindet auch allmählich in Stuttgart selbst der uralte biedere Stand der Weingärtner, im Volksmund „Wengerter“ genannt.
Es war daher ein schöner Gedanke des Bürgervereins der unteren Stadt, daß er das Andenken an ihren volkstümlichen Stand in künstlerischer Form für alle Zeiten erhalten wollte. Und welcher Platz wäre dafür auch geeigneter gewesen als der von Gartenbauinspektor Ehmann so schön mit gärtne rischen Anlagen, geschmückte Urbansplatz, Urban, dem Schutzheiligen der Weingärt ner gewidmet! Prof. Lauser, dessen rührigerlnitiative diese Denkmalsangelegenheit viel verdankt, wandte sich an Bildhauer Ad. Fremd, den Schöpfer des Nachtwächter brunnens, des Lisztdenkmals, der großen Figuren auf der König Karls-Brücke, mit dem Wunsche, einen „Urban“ mit Butten voll Weintrauben im Modell zu erhalten, der auf einem Mauerstück ausruhend sitze über einem natürlichen Unterbau von Felsen, und nicht auf einem Architektur postament. Beide Herren, Lauser und Fremd, waren von Anfang an darin einig, daß es sich hier nicht um eine Darstellung des uns von der Sage als Schutzheiligen der Weingärtner überlieferten heiligen Urban — einmal als Bischof in Südfrankreich im vierten Jahrhundert, zum andernmal als j deutscher Apostel im siebenten Jahrhundert, der in unsrer Gegend den Rebenbau eingeführt haben soll — handeln konnte, zumal bildliche Ueberlieferungen nicht existieren.
Dagegen schien eine Gestalt aus dem Volke, verständlich für jedermann, hier das einzig richtige zu sein, also eine typische Figur aus dem Weingärtnerstande, so daß hier in künstlerischer Auffassung jene Gestalt wieder erstünde, die früher — mehr volkstümlich freilich als künstlerisch — vom Kanonenweg aus herabsah auf die Stadt. So ist das Denkmal dieses Weingärtners, typisch in seiner Gestalt und seiner Jahrhunderte alten Tracht, entstanden. Auf einem Unterbau, der aus Findlingen, d. h. aus den zerstreutliegenden Steinen des alten vulkanischen Kessels, „Randecker Maar“ genannt, zusammengestellt ist von Prof. Lauser in freier malerischer Gruppierung, von Hauswurz, Lavendel, Sedum u. s. w. durchwachsen, und so der schönen gärtnerischen Anlage mehr entsprechen dürfte, als eine streng architektonische Form, so erhebt sich eine Art Ruhesitz, gleichsam ein Stück Weinbergmauer in roh zugehauenem Kornstein. Auf ihm sitzt unser Urban, unser Weingärtner. Er mag schwer gearbeitet haben an diesem Tag, um den goldig blinkenden Segen einzuheimsen; leicht, in ungezwungener Haltung stützt er den nackten rechten Arm auf die Mauer, während die linke Hand den goldenen Becher hält. Ein Abglanz von Frieden, das wohlige Gefühl einer segenbringenden harten Arbeit, der das Glück der Sonne diesmal so reichlich gelacht, verklärt die ganze Gestalt, spricht aus dem aus geprägten markigen Kopf, der in seinen Zügen so charakteristisch erscheint, wie man ihn gleich einer Art von Familienähnlichkeit allenthalben in der weinbautreibenden Bevölkerung unsrer Umgegend beobachten kann. Ueber dem offenen, die Brust freilassenden Hemd trägt er den Lender, ein Lederwams, das bei den Weinbauern aller Länder schon seit Jahrhunderten im Gebrauch ist und ihnen, wie auch unserm Urban, das Tragen der schweren, mit Trauben beladenen Butten erleichtert. Der Kopf ist mit der altbekannten aufgestülpten Kappe bedeckt, während die kräftigen Beine mit ledernen Kniehosen, Strümpfen und Schnallenschuhen bekleidet sind. Vor unserm Urban aber sitzt sein unzertrennlicher Gefährte, ein Hund, der bekannte „Wengerterspitz“. Wie die plastische Gesamtwirkung des Werkes, so ist auch die Farbenwirkung eine ungemein glückliche. Die prächtige Patina,’der Altbronzeton der Gestalt (gegossen in Wachs schmelzung bei Milberg-Feuerbach) steht sehr schön zu dem Hellgrau des Kornsteins und zu dem durch seine Pflanzenunterwachsung so reichfarbigen Unterbau. Das Grün der Anlagen sowie der Hintergrund in Gestalt einer Kammerz von Reben geben den schönen Schlußakkord zu der glücklichen Gesamtstimmung.“ 5
Der am 1892 eingeweihte Urbansplatz war benannt nach dem Hl. Urban, dem Schutzpatron der Weingärtner. Das Urban-Standbild wurde leider in den 1940ern im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen und nicht wieder errichtet.

Nach dem zweiten Weltkrieg bestimmte die Industrialisierung die deutliche Veränderung der Landschaft sowie die Verwendung von Nutzflächen und -tieren. Die Anbaugebiete schrumpften, die Haltung und Zucht der schwarzen Spitze fand ein abruptes Ende mit sehr wenigen Ausnahmen.


Der Weinbergspitz heute – Großspitz Otto
Die Winzerfamilie vom Weingut Korvettenkapitän Ernst Hechler a. D. besitzt einen schwarzen Großspitz namens Otto:
„Unser Weinbergsspitz Otto macht seine Aufgabe – Wingertshut – wirklich gut. Wenn Ihr jetzt denkt, dass Otto mit einem Hut spazieren geht, dann ist das zwar ein witziges Bild aber falsch. Das -hut bei der Wingertshut kommt von Hüten. Otto beschützt unsere Weinberge, einmal mit lautem Getöse und Gebelle durch die Zeilen und die Staren lassen von den Tauben.“
Richtigstellung über die Abbildung des Urbandenkmals in
“Der Deutsche Spitz in Wort und Bild“ – Kapitel III – 4. Auflage 1954
In dem Buch findet sich eine Abbildung des ehemaligen Kuhhirtendenkmal (von August Schmiemann) aus Bochum, das als Urbandenkmal bezeichnet wird. Dieses Denkmal fiel auch dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer, wurde von Walter Kruse nachgestaltet und 13. Januar 1962 eingeweiht.

Quellenangaben:
- Schwäbische Heimat 2019/4, „Die Stadt im Weinberg Weinbau und Stadtentwicklung in Stuttgart“ von Christine Krämer
- https://www.g-e-h.de
- https://www.deutsche-spitze.de
- https://de.wikipedia.org/wiki/Kuhhirtendenkmal
- “Der Deutsche Spitz” – 4. Auflage 1954, Verein für Deutsche Spitze e.V. – 4. Auflage 1954 – Seite 24 bis 28
- https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/aufsaetze/volk-weinbau-weinabsatz-spaetmittelalter.html
- Das Lexikon der Hundefreunde. Heinrich Zimmermann, Berlin, Verlag Mensch und Tier, 1933 ↩︎
- Die Deutschen Hunde. Richard Strebel, 1910 ↩︎
- Die Deutschen Hunde und ihre Abstammung, Strebel Richard, Verlag von Eduard Koch München, Ausgabe von 1910 ↩︎
- Boppard, spätes 15.–frühes 16. Jh. ↩︎
- Württembergische Bauzeitung Nr. 20, 1. Jahrgang vom 07.05.1904 ↩︎
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