Der Spitzer.
Seit dem Bestehen moderner Verkehrsmittel „Eisenbahn“ sind die früher allgemein im Gebrauch gewesenen Stadt- und Land-Last-Fuhrwerke fast gänzlich verschwunden und mit ihm auch der treue Spitzer oder Pommer, der altem Gebrauch gemäß hoch oben auf den Fuhrwerken zum Bewachen der ihm anvertrauten Güter thronte, und unermüdlich und treu seiner Pflicht oblag. Vor circa 10 Jahren noch war der Spitzer in guter Qualität selten und erst seit die kynologische Bewegung sich in Deutschland Bahn brach, ist er wieder in Aufnahme und zu Ansehen gelangt.
Auf dem flachen Lande hat er aber immerhin noch ein bescheidenes Dasein gefristet und seine Rasse erhalten; so war er früher und auch zur Zeit noch in der Rheinprovinz und besonders in den Bezirken Köln, Düsseldorf und Aachen der gewöhnlichste Hund und zwar meist in wolfsgrauer Färbung, sogenannter Wolfsspitz, die wir entschieden für die typischste Form des Pommers halten, denn unter 100 Exemplaren weisen wohl mehr als 75% die charakteristische wolfsgraue Färbung auf, die zur Zeit bei den meisten Spitzern in der Umgegend meines Wohnortes sehr stark und gut vertreten ist. Mit dieser Ansicht dürften wir nicht vereinzelt dastehen und Herr von Wardenburg bestätigt unsere Annahme in seiner kürzlich erschienenen Broschüre: „Die offiziell und nicht offiziell aufgestellten Rassezeichen für Hunde ec.“ (Verlag von Otto Meißner in Hamburg) mit folgenden Worten:
„Die verschiedenen Varietäten unseres Spitzes haben sich von jeher fast nur durch ihre abweichende Färbung unterschieden. Als die älteste und frühesten zur konstanten Rasse ausgebildete Färbung dürste jedenfalls der noch jest an der Eifel und am Unterrhein (namentlich in der Gegend von Düsseldorf, Aachen, Crefeld) häufig vorkommende und in Bezug auf Form, Behaarung und Färbung sich gut und konstant vererbende graue Spitz (auch Wolfsspiz, gewöhnlicher Spitz oder Fuhrmannsspitz genannt) zu bezeichnen sein. Die schon vor der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Frankreich entstandene Benennung des Spizes als „chien loup“ kann wohl nur in Folge der in damaliger Zeit vorherrschenden wolfsgrauen Färbung des Spitzes gewählt worden sein.“
Sowie England die Bulldogge als seinen Nationalhund betrachtet, so dürfen wir wohl mit Recht den Spitzer als eine spezifisch deutsche Rasse erklären, die erwiesenermaßen schon seit Jahrhunderten in Deutschland existiert. Wahrscheinlich entstammt der Spitz ursprünglich dem hohen Norden, wurde dann an den Ostseeküsten heimisch, welches seine Bestätigung durch die verschiedenen Benennungen „Pommer“ (Canis Pomeranus) engl. „Pomeranian“ französisch „loup de Pomeranie“ findet. Die einfarbigen Spitzer: schwarz, weiß und grau, haben sich stets einer großen Beliebtheit erfreut und besonders war die weiße Varietät seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts sehr in Mode, wogegen die gescheckten und andersfarbigen nie zur allgemeinen Anerkennung gelangten.
Vero Shaw sagt, daß diese Rasse auch in Amerika unter dem Namen „Spitzhund“ bekannt sei, und wir bezweifeln dies nicht, da erklärlicherweise die massenhaften Auswanderungen von Deutschen – vornehmlich Pommern und Württemberger – die Annahme als sehr wahrscheinlich betrachten lassen, daß diese neben anderen heimischen Produkten, sich auch von ihrem treuen Spitzer nicht zu trennen vermochten und mit nach der neuen Heimat überführten, woselbst er sich fortpflanzte und allgemein bekannt wurde.
Dem im allgemeinen abfälligen Urteil Vero Shaw’s über den Spitzer können wir unter keinen Umständen beipflichten, glauben vielmehr annehmen zu sollen, daß Shaw mit dieser Rasse nicht recht vertraut ist. Wer indeß seit nahezu 20 Jahren sich speziell für den Spitzer interessierte, viele Eremplare selbst gehalten und gezüchtet, eine ansehnliche Schar zu mustern im stande war und sich mit dem Wesen dieser interessanten Rasse bekannt gemacht hat, wird anderen Sinnes sein, und diesen Hunden ebensogut eine Lichtseite abzugewinnen vermögen, wie jeder anderen Rasse. Auf alle Fälle wäre es bedauerlich, wenn die Zucht dieses deutschen Originalhundes vernachlässigt würde; gerade jetzt scheint der Zeitpunkt gekommen zu sein, derselben erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden, indem die Nachfrage nach guten Exemplaren stetig steigt und die Ausfuhr nach England größere Dimensionen annimmt. Leicht findet hier der intelligente Züchter für gute Ware sehr lohnenden Absatz.
Welcher Varietät der Vorzug zu geben wäre, ist eben Geschmacks- und Modesache, wir haben unter den wolfsgrauen typische Tiere gefunden, die ihre schwarzen und weißen Brüder sowohl in den Formen wie im Haarreichtum wesentlich überragten. Gerade der Haarreichtum ist einer der Hauptpunkte beim Spitzer, je voller die Halskrause und je haarreicher die Rute, desto wertvoller das Tier. Ferner soll das Haar straff und nicht weich sein, es soll wenn man gegen dasselbe streicht, von selbst wieder in seine vorige Lage zurückfallen und darf weder gewellt noch gelockt sondern einfach, schlicht und von guter Länge erscheinen. Nur das Gesicht, die Ohren und die Vorderseite der Läufe sind kurz behaart. Die Farbe soll entweder rein schwarz ohne bräunlichen Anflug, blendendweiß und bei den wolfsgrauen, gelb bis aschgrau mit schwärzlichem Anflug der einzelnen Haarspitzen sein. Über jedem Auge soll sich ein hellgelber Fleck befinden, ebenso ist die Färbung an der Schnauze, den Läufen, dem Bauch und der Rute lichter.
Der Körper soll möglichst kurz erscheinen und je näher die über den Rücken gelegte Rute dem Halse kommt, desto wertvoller ist für uns der Hund; langgestreckte Exemplare sollten entschieden verworfen werden.
Bezüglich seiner Eigenschaften sei erwähnt, daß der Spitzer, kläfflustig, wachsam, oft zu wachsam ist, stets rege, Haus und Hof von oben bis unten durchstöbernd, weiß er sich die Herrschaft in seinem Heim zu sichern und man überläßt dem drolligen Kerl dieselbe ja gerne, weiß man doch, daß seiner Aufmerksamkeit nichts entgeht. Alles was nicht zum Hause gehört, wird mit Kläffen attaquiert und gestellt. Anhänglich ist der Spitzer ganz entschieden, nur zu Kindern als Spielgefährte nicht zu empfehlen, indem er fortwährende Neckereien nicht erträgt und unangenehm wird.
Desto besser aber eignet er sich als Wächter zu Fuhrwerken und wie zu Anfang erwähnt, war es in früheren Jahren allgemein üblich, ihn als solchen zu halten; mit dem immer mehr schwindenden Transport per Achse hat auch diese Verwendung erheblich abgenommen, nur hin und wieder findet man ihn noch auf bäuerlichen Fuhrwerken seiner ehemaligen Bestimmung obliegen, während er meist auf Hof und Haus verwiesen ist.
Die deutschen Rassemerkmale lauten:
Allgemeine Erscheinung: Größe etwa 1/2 bis 3/4 der eines mittleren Hühnerhundes entsprechend. Kurz gedrungene Figur von kecker Haltung mit fuchsähnlichem Kopfe, spitzen Ohren und seitwärts auf dem Rücken gerollter buschiger Rute. Behaarung reichlich und locker, am Hals eine starke Krause bildend, Kopf, Ohren und Füße kurz und dicht behaart. Unruhiges, argwöhnisches Naturell, beim geringsten Verdacht sofort belfernd und kläffend, daher vorzugsweise als Wachthund gehalten und gezüchtet.
Kopf: mittelgroß, von oben gesehen erscheint derselbe nach hinten am breitesten und verschmälert sich allmählich bis zur Nasenspitze. Im Profil zeigt sich der Oberkopf hoch gewölbt, vor den Augen plötzlich abfallend.
Schnauze: spitz.
Nasenrücken: schmal, gerade.
Nase: rund, klein.
Lippen nicht überfallend und keine Falte am Mundwinkel bildend.
Ohr: kurz, dreieckig zugespist, hoch angesetzt und immer auf recht mit steifer Spitze getragen.
Auge: mittelgroß, länglich geformt und etwas schräge gestellt.

Hals und Rumpf: in Folge der reichlichen Behaarung ist es bei dieser Rasse unmöglich, die einzelnen Formen genauer zu beurteilen. Bei geschorenen Exemplaren finden wir, daß der Spitz meist in guten Verhältnissen gebaut ist. Hals mittellang, Rücken völlig gerade und kurz, Brust vorn tief, seitlich gewölbt und der Bauch nach hinten mäßig aufgezogen.
Rute: mittellang, hoch angesetzt, glatt auf den Rücken gebogen und dann seitlich geringelt.
Läufe: mittellang im Verhältnis zum Rumpf, stämmig und völlig gerade, die hinteren im Sprunggelenk nur wenig gebogen.
Füße: klein, rundlich, zugespitzt, mit gewölbten Zehen.
Haar: am ganzen Kopf, Ohren, an den Füßen, wie an der Außen- und Innenseite der Vorder- und Hinterbeine kurz, weich und dicht, am ganzen übrigen Körper reich und lang behaart. Das Eigentümliche des Spizenhaares besteht darin, daß es namentlich an Hals und Schultern ringsum locker und gerade vom Körper absteht, ohne gewellt oder zottig zu erscheinen, oder sich auf dem Rücken zu scheiteln. Die größte Länge erreicht das Haar unter dem Halse. Die Hinterseite der Vorderläufe trägt eine stark ausgebildete, nach unten allmählich verlaufende Feder vom Ellenbogen bis zum Fußgelenk hinunter, an den Hinterläufen reicht die Feder nur bis zum Sprunggelenk hinab, so daß der Hinterfuß von da bis zur Sohle kürzer behaart erscheint.
Farbe:
1) Grauer gewöhnlicher Spitz: einfarbig, wolfsgrau, d. i. gelbgrau oder aschgrau, mit schwärzlichem Anflug der einzelnen Haarspitzen; an der Schnauze und der Umgebung der Augen, an den Läufen, dem Bauch und der Rute heller graugelb und weißlich gefärbt und zwar in ähnlicher Ausdehnung, wie die bekannten Abzeichen unserer Dachshunde, jedoch weit unbestimmter und farbloser.
2) Der weiße Spitz soll rein kreideweiß erscheinen, ohne jeden gelb lichen Anflug, welcher namentlich an den Ohren häufig auftritt.
3) Die Behaarung des schwarzen Spitzes muß auch im Grunde dunkel gefärbt sein, und auf der Oberfläche als glänzendes Blauschwarz ohne alle weißen oder farbigen Abzeichen erscheinen.
Bei allen drei Spitzenformen müssen Nase und Nägel schwarz, die Augen dunkelbraun gefärbt erscheinen.
Als Fehler sind bei den Spizern zu betrachten: zu stumpfe Schnauze und flacher Oberkopf, zu lange oder nicht völlig steif gestellte, oder gar nach vorn oder seitlich überschlagende Ohren, eine nicht dicht am Körper liegende, sondern hoch getragene oder hängende Rute, wellenförmige, auf dem Rücken gescheitelte Behaarung. Beim grauen Spitz ist eine auffällige schwarze Gesichtsmaske und schwarze Flecken auf den Vorderfüßen (Daumenmarke), wie überhaupt alle schwarzen und weißen Abzeichen fehlerhaft; ebenso soll der weiße wie der schwarze Spitz durchaus einfarbig weiß oder schwarz und frei von allen Abzeichen und Flecken sein. Fleischfarbige Nasen und helle Augen immer fehlerhaft.

Quellenangabe:
Der Luxushund – Anleitung zur Kenntnis, Aufzucht und Abrichtung aller nicht zur Jagd benutzten Hunde, Jean Bungartz, Berlin 1888