Ludwig Richter (1803–1884) war ein bedeutender Maler und einer der einflussreichsten deutschen Illustratoren des Spätromantik und des Biedermeier. Durch seine über 3000 Holzschnitte prägte er maßgeblich das visuelle Gedächtnis des 19. Jahrhunderts, insbesondere durch die Illustration von Volksliedern, Märchen und Kalendern. Sein künstlerischer Fokus lag auf der idealisierenden, detailreichen Darstellung des bürgerlichen und ländlichen Alltags sowie einer beseelten Naturauffassung. Mit Werken wie „Fürs Haus“ schuf er eine volkstümliche Bildsprache, die durch grafische Präzision und erzählerische Wärme eine enorme Breitenwirkung erzielte. Bis heute gilt er als Meister der Holzschnittkunst, der die deutsche Buchillustration nachhaltig bereicherte.

In zahlreichen Holzschnitten wird der Alltag durch eine charakteristische Fauna belebt, wobei besonders die Darstellung zahlreicher Hunde auffällt. Das Spektrum reicht von pummeligen Möpsen und anmutigen Windhunden über verschiedene Jagdhunde (kurzhaarig und langhaarig) mit Schlappohren bis hin zu großen Schäferhunden, Metzgerhunden (Rottweiler) und Pudeln. Auch kurzhaarige Dackel, kleine Schoßhündchen wie Spaniel und immer wieder mittelgroße deutsche Spitze unterstreichen die gemütvolle Atmosphäre seiner Werke. Die harmonischen Kompositionen in Verbindung mit den Tieren trugen maßgeblich zur volkstümlichen Beliebtheit und der narrativen Tiefe seiner Illustrationen bei. Sie zeigen häufig die für Richter so typischen fast unschuldigen, naiven und glücklichen Momente des heimatlichen Alltags.




Signatur auf den Bildern: Wer war Gaber?
August Gaber (1823–1894) war ein deutscher Holzschneider, der vor allem durch seine meisterhaften Übertragungen der Werke von Adrian Ludwig Richter bekannt wurde; er war ein wichtiger Reproduktionskünstler, der die beliebten Illustrationen Richters – wie aus Märchenbüchern (z.B. „Brüderchen und Schwesterchen“) oder religiösen Werken („Das Vaterunser in Bildern“) – in detailreiche Holzschnitte umsetzte und so zu Richters Verbreitung beitrug. August Gaber und Ludwig Richter verband weit mehr als nur eine geschäftliche Beziehung: Gaber war nicht nur Richters wichtigster künstlerischer Mitarbeiter, sondern auch sein Schwiegersohn.
Ohne August Gaber wäre die Berühmtheit von Ludwig Richter in seiner heutigen Form kaum denkbar. Während Richter der „Erfinder“ der Motive war, war Gaber derjenige, der ihnen die technische Form gab, die eine Massenverbreitung in Büchern erst möglich machte. Gaber arbeitete in Dresden zeitweise in einem eigenen Atelier und übertrug dort vornehmlich Richters Illustrationen.
Sammlung: Richters Spitze
Zwischen italienischer Sehnsucht und deutscher Volkskunst
Der Dresdner Künstler Ludwig Richter verbrachte den Großteil seines Lebens in seiner sächsischen Heimat; Ausnahmen bildeten sein einjähriger Aufenthalt in Paris, sein prägender dreijähriger Studienaufenthalt in Rom und seine Reise durch Böhmen, in den Harz und nach Franken. In Italien versuchte sich Richter als Landschaftsmaler nach klassischem Vorbild zu etablieren, erkannte jedoch in der Auseinandersetzung mit der italienischen Konkurrenz seine eigentliche Berufung: die Illustration und die Darstellung des alltäglichen, volkstümlichen Lebens.
Der Spitz in den Bildern
In Richters umfangreichem grafischen Werk nimmt der Spitz eine prominente Rolle ein. Er erscheint als multifunktionaler Begleiter in verschiedensten Kontexten:
- Im privaten Raum: Als treuer Haushund und geduldiger Spielgefährte für Kinder.
- Im Arbeitsalltag: Als wachsamer Hofhund oder unentbehrlicher Hütehund.
Interessant ist dabei die künstlerische Umsetzung: Richter stellte fast alle Hunde in einem hellen Haarkleid dar. Dies lässt jedoch nicht zwingend auf eine rein weiße Fellfarbe schließen, da selbst Nutztiere nur selten Schattierungen erhielten. Seine Spitz-Darstellungen im Kontext mit Hirten und Schafen könnten auf den typischen Spitz als Hofhund, den Pommerschen Hütespitz oder andere Altdeutsche Hütehunde (Fuchshunde) hindeuten, die eine ähnliche Statur und Größe aufwiesen.
Man muss hierbei berücksichtigen, dass der Spitz im 19. Jahrhundert zwar ein fester Bestandteil des gesellschaftlichen Bildes und überaus populär war, insbesondere in der Romantik, jedoch noch keine verbindlichen Rassestandards im heutigen Sinne existierten. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Schlägen waren fließend, was Richters Darstellungen zu wertvollen zeitgenössischen Dokumenten der kynologischen Entwicklung macht. Eins haben sie gemeinsam: Die Spitzhunde sind alle einigermaßen gleichgroß mit ca. 35-40 cm.
Die folgende Sammlung widmet sich einer Auswahl sämtlicher Spitz-Darstellungen von Richter – es sind bei Weitem nicht alle.
Seine farbigen Werke mit Bezug zum Spitz:
Die schöne heile Welt des Adrian Ludwig Richter
Quellenangabe
- Geschichte von Griseldis und dem Markgrafen Walther, Geschichte von Griseldis und dem Markgrafen Walther: Nebst einigen andern Beispielen treuer Liebe. Leipzig: Wigand, 1838
- Fürs Haus von Ludwig Richter, Leipzig, 1858
- Richter-Album. 1: eine Auswahl von Holzschn. nach Zeichn. von Ludwig Richter. Leipzig: Wigand, 1861
- „Unser tägliches Brod„, Dresden, 1874
- Das Ludwig Richter Album 1 Sämtliche Holzschnitte, Rogner, Bernhard, München, 1968
- Das Ludwig Richter Hausbuch, Rogner & Bernhard, München, 1976
- Ludwig Richters Volkskunst. Sein Holzschnitt vom Keim bis zur Blüte, Karl Budde, Leipzig, 1978
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