Ein Spitz schreibt Geschichte

Muggins wurde im Jahr 1913 geboren. Er war ein reinweißer Spitz und erreichte ausgewachsen eine Schulterhöhe von etwa 12 Zoll, also rund 30 cm – was heute einem Mittelspitz oder Miniatur Eskie entspricht. Mit seinem kompakten Körperbau, dem dichten Fell und dem typischen Spitz-Gesichtsausdruck war er nicht nur äußerlich auffällig – auch sein Wesen war bemerkenswert. Charakterlich wurde Muggins von Zeitzeugen als besonders liebenswert, freundlich und geduldig beschrieben. Diese Eigenschaften trugen wesentlich zu seiner Rolle im öffentlichen Leben während des Ersten Weltkriegs bei.
Seine Besitzerin, Beatrice Woodward aus Victoria, British Columbia, erkannte früh das sanfte Temperament ihres Hundes und kam auf die Idee, ihn für einen wohltätigen Zweck einzusetzen. Während des Ersten Weltkrieges war der Bedarf an Spenden zur Unterstützung von Kriegsopfern, Kriegsgefangenen und notleidenden Familien besonders hoch. Muggins wurde speziell dafür trainiert, sich selbstständig durch die Straßen von Victoria zu bewegen. An seinem eigens angepassten Geschirr trug er zwei Spendenboxen mit dem gut sichtbaren Hinweis, dass die gesammelten Gelder dem Kanadischen Roten Kreuz zugutekamen.
Neben seinen regelmäßigen Spaziergängen durch die Innenstadt, bei denen er von vielen Bürgerinnen und Bürgern freundlich empfangen und unterstützt wurde, war Muggins auch Teil eines festen Spendenstands, an dem er ausgestellt wurde. Seine ruhige und vertrauenswürdige Art machte ihn schnell bekannt, und bald galt er als ein lebendiges Symbol für Hilfsbereitschaft und Solidarität.
Insgesamt soll Muggins durch seine Spendenaktionen eine beeindruckende Summe von über 21.000 US-Dollar gesammelt haben – das entspricht heute einem Wert von etwa 250.000 Dollar. Für einen einzelnen Hund ist das eine erstaunliche Leistung. Aufgrund seines Engagements wurde Muggins zum offiziellen Maskottchen des kanadischen Roten Kreuzes ernannt und war auch über die Grenzen von British Columbia hinaus bekannt. Zahlreiche Zeitungen berichteten über ihn, und er wurde häufig auf Postkarten und Fotografien abgebildet.
Noch Jahrzehnte nach seinem Tod wurde Muggins in Victoria als lokale Legende und tierischer Held geehrt. Im Maritime Museum of British Columbia ist ihm heute eine kleine Ausstellung gewidmet, die an seinen außergewöhnlichen Beitrag zur Kriegsunterstützung erinnert.
Muggins zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie auch ein kleines Tier durch Mitgefühl und Vertrauen eine große Wirkung entfalten kann – ein bewegendes Beispiel für Mensch-Tier-Zusammenarbeit in schwierigen Zeiten.


Muggins erlangte schnell lokale und internationale Bekanntheit, besuchte Fähren und Frachtschiffe und durfte auf Fotos mit Berühmtheiten wie dem Prinzen von Wales, Major General Robert Gilmour Edwards Leckie und mit dem kanadischen General Sir Arthur Currie posen:
Für seine Bemühungen wurden Muggins acht Medaillen aus der ganzen Welt verliehen.


In The Daily Colonist berichtete man vom traurigem Ende Muggins, der im Alter von sieben Jahren durch eine Lungenentzündung verstarb (Januar 1920). Sein Körper wurde einem Präparator übergeben, damit er – wenn auch in einer ausgestopften Version – in der gesetzgebenden Versammlung von BC weiterleben konnte.




Copyright: Public Domain • Film: [Victoria Harbour Piers and Other Footage]
Source: Library and Archives Canada/Allan D. Taylor collection/IDCISN: 20398
Approximate year: 1918
Location: Victoria, BC, Canada
Rassezugehörigkeit von Muggins (1913-1920)
Auch wenn Muggins in zeitgenössischen Quellen häufig als „Spitz“ bezeichnet wird, ist seine genaue rassetypische Herkunft nicht zweifelsfrei belegt. Aufgrund seines Aussehens und seiner Größe liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei ihm um einen Vertreter der Spitze handelte. Möglich ist auch, dass er ein früher Vertreter des American Eskimo Dog war. Diese Rassebezeichnung wurde allerdings erst 1917 im Zuge des Ersten Weltkrieges offiziell eingeführt, als deutsche Begriffe zunehmend vermieden wurden.
Der American Eskimo Dog hat seine Wurzeln im Deutschen Spitz. Etwa im 19. Jahrhundert, vielleicht auch schon früher, wurden einzelne Exemplare von Auswanderern nach Nordamerika gebracht. Es ist daher gut denkbar, dass Muggins Vorfahren europäische Herkunft hatten. Eine eindeutige rassegenetische Zuordnung ist jedoch nicht möglich, da zur damaligen Zeit die Standards noch nicht einheitlich waren und viele Hunde als Mischformen existierten. Muggins bleibt somit ein historisch bedeutender, aber in seiner Abstammung nicht klar definierbarer Vertreter der Spitz-Familie.
Quellen:
https://www.redcross.ca/history/artifacts/muggins-canadian-red-cross-fundraising-dog
onlineacademiccommunity.uvic.ca
Literaturempfehlung:
Muggins: The Life and Afterlife of a Canadian Canine War Hero
Autor: Grant Hayter-Menzies, Verlag: HERITAGE HOUSE

Auf Amazon erwerben (Affiliate-Link – mit dem Kauf dieses Buches unterstützt du anteilig diese Homepage)